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21.04.17

Luxusgut Zeit: „Zeit ist Geld – Erfolgsfaktor oder Trugschluss?“

In der von Stiegl im vergangenen Jahr initiierten Gesprächsreihe „Wildshuter Feldgespräche“ diskutierten kürzlich kompetente Gäste wie Mag. Dr. Thomas Herdin vom „Verein zur Verzögerung der Zeit“, Zeitmanagement-Trainer Paul Lürzer Msc., „Slow Brewing“-Gründer Dr. August Gresser, der Vorstandsvorsitzende der Schoellerbank Mag. Franz Witt-Dörring und Stiegl-Chefbraumeister Christian Pöpperl diesmal zum Thema „Luxusgut Zeit. Zeit ist Geld – Erfolgsfaktor oder Trugschluss?“.

Beschleunigung, Zeitmangel bzw. –druck und der daraus resultierende Stress – das sind Probleme, mit denen sich heute viele Menschen herumschlagen. Die scheinbar vorteilhaften Beschleunigungstendenzen haben oft verhängnisvolle Auswirkungen. Sich etwa bei der Herstellung von Produkten (zu) wenig Zeit zu nehmen, wirkt sich auf die Qualität selbiger aus. Beschleunigte Herstellungsprozesse schonen zwar das Budget, aber schmecken Lebensmittel wie etwa Biere, die im Schnellverfahren gebraut wurden, doch anders als jene, denen man Zeit zum Reifen lässt?  Ist es denn wirklich so entscheidend, schnelle Entscheidungen zu treffen oder gehören gute Entschlüsse reiflich überlegt? Ist Zeit wirklich Geld und ist der „Verein zur Verzögerung der Zeit“ ein Gag oder eine ernst zu nehmende Plattform?

Am Anfang stand die Sonnenuhr … und im Grunde war nicht klar, was Zeit überhaupt ist. Bis zum Ende des Mittelalters maß man die temporale Zeit. D.h. man teilte die Zeit des Tageslichts ebenso in zwölf Stunden wie die dunkle Zeit. Die Stunden waren also je nach Jahreszeit unterschiedlich lang. Die Turmuhr brachte die weitaus praktischere äquinoktiale Zeit, die zuvor nur auf Basis schwieriger Berechnungen zu erlangen war. Man kann sagen: ein erster Triumph der mechanischen Uhr. Bis zur Einführung der Zeitzonen (in Österreich erst 1910, in Deutschland bereits 1893) galt die jeweils individuelle Regionalzeit. War man dazumal mit einer Taschenuhr unterwegs, musste man seine Uhr öfter auf die gerade vor Ort gültige Zeit umstellen. Die Uhren gingen noch anders. (vgl. Jakob Ehrhardt, Vorfreude Frühjahr 2017, Seite 87).

UHRschrei oder Hilferuf?
„Wir leben in einer Zeit der Beschleunigung, des Zeitmangels bzw. –drucks und haben verlernt, uns Zeit zu nehmen“, weiß Zeitmanagement-Profi Paul Lürzer, dessen Seminare für besseres Zeitmanagement sich großer Beliebtheit erfreuen. „Schneller-besser-billiger wird schon in den obersten Führungs-Ebenen – natürlich mit viel schlechtem Gewissen – gelebt. Stichwort Shareholder Value versus Customer Value“, ergänzt der erfahrene Coach und bringt als Beispiel ein Unternehmen, das die Verwaltungsarbeit automatisiert, indem sie diese – samt Mitarbeitern – ins Ausland verlagert. Zwar werden auf den ersten Blick die Kosten gesenkt, allerdings steigt die Fehlerquote auf 30 Prozent. „Ich spreche hier vom UHRschrei, der sich aus heutiger Zeitmanagement-Sicht wie ein Hilferuf anhört.“ Alles und jeder ist heute in Hektik und es gibt kaum jemanden, der noch Zeit hat. Die alten Griechen verwendeten für Zeit die Begrifflichkeiten „Chairos“ und „Chronos“. Erstere stand für Qualität bzw. den „richtigen Zeitpunkt“. Zweitere stand für die Messbarkeit der Zeit. „Wir können die Zeit mit modernen Chronografen bis in tausendstel Sekunden bestimmen, allerdings ist uns die Qualität der Zeit und der rechte Augenblick verloren gegangen. Lürzer plädiert für Entschleunigung und Werteorientierung.

„Ich verzögere, also bin ich“ – ein eigener Verein zur Verzögerung der Zeit
Einer, der sich auch wissenschaftlich mit dem Thema Zeit auseinandersetzt, ist Mag. Dr. Thomas Herdin. Er lehrt an der Universität Salzburg, forscht auf den Gebieten der Interkulturellen Kommunikation und Kompetenz, des interkulturellen Wandels mit Fokus auf Südost-Asien und China, des Begegnungsfelds Tourismus und lebte selbst sieben Jahre lang in Asien in einem anderen Zeitgefüge. „Wir kennen Ausdrücke, die es in anderen Kulturen zum Teil gar nicht gibt wie ‚Zeit gewinnen‘, ‚Zeit verlieren‘, ‚jemandem die Zeit stehlen oder sogar totschlagen‘“, weiß der Wissenschafter, der unter anderem Mitglied im gemeinnützigen Verein zur Verzögerung der Zeit, der 1990 in Klagenfurt gegründet wurde, ist. Ein Verein zur Verzögerung der Zeit: ein Gag? Ein Witzverein? „Klar soll der Name ‚Verein zur Verzögerung der Zeit‘ zunächst einmal ‚anstößig‘ sein. Das soll heißen, er will etwas anstoßen, er will ein wenig provozieren, zum Innehalten veranlassen, damit wir uns überlegen, ob wir Entscheidung ‚reiflich‘ überlegen, uns dafür Zeit lassen.“ Es handelt sich dabei um das, an einer Universität gegründete, wohl umfangreichste Netzwerk von Zeit-Sachverständigen und Zeit-Interessierten im deutschsprachigen Raum. Angegliedert ist der Verein an die Fakultät für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF) der Alpen-Adria Universität in Klagenfurt. Den Mitgliedern geht es um einen neuen, gesünderen, menschlichen Umgang mit Zeit in allen Bereichen. „Wir wollen darauf hinweisen, dass in unserer Kultur und in der heutigen Zeit der Entschleunigung wesentlich mehr Beachtung geschenkt werden sollte, als der ohnehin fast automatisch auf uns eindrängenden Beschleunigung. Wir wollen einen reflektierten Umgang mit Zeit auf kollektiver Basis anregen und neue Formen des Umgangs mit dem Phänomen Zeit anstreben“, so Thomas Herdin. „Wir können nur in einem langen Umlernprozess, der bei vielen Menschen übrigens erst mit der Krankheit einsetzt, alte Denkmuster ent-lernen, um neue Zeit-Auffassungen lernen zu können.“ Voraussetzung dabei ist, dass die Menschen wieder selbst die Regie über ihre Zeit übernehmen können und Wege finden, wie sie weniger oder gar nicht mehr „getrieben“ werden.

Eine vergleichsweise junge Vokabel in diesem Zusammenhang ist „Zeitpolitik“. Mit Blick auf den Faktor „Zeit“ benennt sie eine Dimension gesellschaftlichen und politischen Handelns, die in jüngster Zeit – vor allem im Hinblick auf Lebensqualität und Nachhaltigkeit – an Bedeutung gewinnt. „Zeitpolitik“ ist sozusagen eine neue Perspektive, aus der gesellschaftliche und ökologische Probleme, Krisen oder Konflikte betrachtet werden können. Sie macht deutlich, dass die Ursachen der Probleme oft mit zeitlichen Zusammenhängen bzw. Veränderungen des zeitlichen Gesellschaftsgefüges zusammen hängen. Felder der Zeitpolitik sind zum Beispiel Technik, Ernährung, Familie, Freizeit, Tourismus, Kommunikation oder Mobilität, erklärt Herdin und ergänzt: „Wir sind physiologisch gesehen noch immer Fußgänger! Zudem benötigt die permanente Beschleunigung Ressourcen. Ziel muss es laut Thomas Herdin aber schlussendlich sein, in Polaritäten und nicht in Dualitäten zu denken. D.h. „sowohl-als-auch“ anstatt „entweder-oder“. „Beschleunigung und Entschleunigung als eine Einheit zu betrachten.

Ist Zeit wirklich Geld?
Auch auf den Kapitalmärkten hat sich die Volatilität verstärkt. „Faktoren wie politische Unbeständigkeit, hohe Schwankungsbreiten und die Geschwindigkeit, mit der Veränderungen kommen, haben sich natürlich auch auf unseren Märkten rasant erhöht“, bringt es der Vorstandsvorsitzende der Schoellerbank, Mag. Franz Witt-Dörring, auf den Punkt. Der entscheidende Einfluss des Faktors Zeit auf den Börsenerfolg ist unbestritten. In der Schoellerbank ist man davon überzeugt, dass sich erfolgreiche Geldanlage über einen langen Zeitraum entwickeln muss. Deshalb denken die Anlageexperten nicht in Tagen, Wochen oder Monaten, sondern längerfristig, und bleiben gelassen, wenn andere in der Sekunde nervös werden. Die kürzeste messbare Zeiteinheit ist übrigens die Planck-Zeit. Sie beträgt nur 5,39116 X 10-44 Sekunden.  Alles, was darunter liegt, sei Quantenschaum, so der Physiker Anton Zeilinger. Für Witt-Dörring ist der Erfolg der Schoellerbank, deren Gründung mehr als 180 Jahre zurück liegt, maßgeblich auf die Philosophie „Investieren statt Spekulieren“ zurückzuführen. Dabei steht „Investieren“ für eine aktive und verantwortungsvolle Streuung des Vermögens. Ausgewählt werden ausschließlich geprüfte und qualitativ hochwertige Anlagen, denn „nachhaltige Wertschöpfung ist erst möglich, wenn eine Investition genügend Zeit hat, sich zu entwickeln“, so der Vorstandsvorsitzende der Schoellerbank. Der perfekte Ein- und der rechtzeitige Ausstieg an den Börsen sind für ihn Illusion. “Wer langfristig Aktien von Qualitätsunternehmen zu fairen Preisen erwirbt, wird zufriedenstellende Ergebnisse erzielen. Wer hingegen auf kurzfristiges Market-Timing setzt, wird Schiffbruch erleiden. Dabei genügt es schon, nur wenige der besten Tage am Aktienmarkt zu verpassen, um den Gewinn massiv zu schmälern. Rückschläge an den Börsen sind etwas völlig Normales. Als Anleger muss man damit leben. Wer also ein Vermögen erhalten oder aufbauen will, kommt an langfristen Aktieninvestments nicht vorbei.“

Slow als Erfolgsfaktor
Kurzum: Die scheinbar vorteilhaften Beschleunigungstendenzen haben oft verhängnisvolle Auswirkungen. Sich etwa bei der Herstellung von Produkten (zu) wenig Zeit zu nehmen, kann sich maßgeblich auf die Qualität selbiger auswirken. Durch optimierte – weil beschleunigte Herstellungsprozesse können Unternehmen Kosten sparen und ihre Gewinnmargen erhöhen. „Wir sind allerdings davon überzeugt, dass man schmecken und spüren kann, ob ein Produkt die nötige Zeit bekommen hat, die es braucht“, so Dr. August Gresser, Gründer und Geschäftsführer von „Slow Brewing“. Er hat mit „Slow Brewing“ das härteste und konsequenteste Gütesiegel am internationalen Biermarkt entwickelt. Gresser weiß, dass sich das Brauen mit Zeit sowohl auf den Geschmack als auch auf die Verträglichkeit eines Bieres auswirkt. Bei einer langsamen Reifung entstehen weniger schlecht verträgliche Fusel-Alkohole als bei beschleunigten Verfahren, wie sie oft in der industriellen Massenproduktion zum Einsatz kommen. „Und das spürt man auch am nächsten Tag“, so der Slow Brewing-Gründer. Gresser, selbst „gelernter“ Braumeister, hob das Gütesiegel im Jahr 2011 aus der Taufe, weil es bis dato kein wissenschaftlich fundiertes Gütesiegel – das sowohl Qualität und Geschmack des Biers, als auch das bewusste und faire Handeln der Brauerei bewertet und auszeichnet – gab, und das, obwohl der europäische Biermarkt mit fast 7.000 Brauereien riesig ist und in jedem Land viele Verbände, Medaillen und Auszeichnungen existieren. „Das Slow Brewing-Gütesiegel bietet den Konsumenten nun einen konsequenten Wegweiser zu echter Bierqualität – mit mehr Geschmack, besserer Bekömmlichkeit und einem guten Gewissen beim Genießen“, ist Gresser überzeugt. Vergeben wird das Gütesiegel nach harter und umfangreicher Prüfung vom Slow Brewing Institut, einem unabhängigen und wissenschaftlich fundierten Kontrollorgan. Mittlerweile konnten 26 Brauereien aus Deutschland, Italien, Österreich und der Schweiz ausgezeichnet werden. Sie alle bekennen sich zu einem gemeinsamen Werte-Set, das die Bierproduktion und die Unternehmenskultur definiert. Die Werte sind mit einer Vielzahl an Kriterien hinterlegt, die für die Zertifizierung ausschlaggebend sind.

Stiegl: So viel Zeit muss sein. Slow Brewer & Slow Food-Partner
Eine der in Österreich mit dem Slow Brewing-Gütesiegel ausgezeichneten Brauereien ist Stiegl. Zeit spielt in Österreichs führender Privatbrauerei, die heuer im Juni ihren 525. Geburtstag feiert, eine ganz besondere Rolle.  „Das Brauen mit Zeit gehört zu unserer gelebten Philosophie. Wir setzen auf langsame Gärung und schonende Reifung statt auf schnelle Brauverfahren“, erzählt Stiegl-Chefbraumeister Christian Pöpperl, denn es sei schlussendlich der Faktor Zeit, der für den Geschmack und die bessere Bekömmlichkeit von „Slow-Bieren“ – wie Stiegl eines ist – verantwortlich sei. Die Privatbrauerei nimmt das Thema Zeit besonders ernst und lässt auch den Zutaten die nötige Zeit. So werden in der eigenen Bio-Landwirtschaft am Gut Wildshut beinahe in Vergessenheit geratene Urgetreidesorten in einer achtjährigen Fruchtfolge kultiviert. Zudem unterstützt Stiegl die Organisationen „Slow Food“ und Arche Noah Österreich. Einige Arche-Produkte werden als sogenannte „presidi” (ital. für Schutzräume) besonders gefördert. Sie werden von Slow Food in einer Kooperation von kleinbäuerlichen Produzentinnen und Produzenten, handwerklichen Verarbeitungsbetrieben und der Gastronomie sowie durch den Aufbau einer breiten Verarbeitungs- und Wertschöpfungskette einem größeren Publikum zugänglich gemacht. Ein solches „presidio“ ist auch die Alpine Pfauengerste, eine Urgetreidesorte, die am Stiegl-Gut Wildshut angebaut wird. Gebraut wird daraus eine besondere Bierspezialität: das Wildshuter Sortenspiel.  

Pressebild 1 und 2:  In der von Stiegl im vergangenen Jahr initiierten Gesprächsreihe „Wildshuter Feldgespräche“ diskutieren kompetente Gäste wie: v.l.: Zeitmanagement-Trainer Paul Lürzer Msc., Stiegl-Chefbraumeister Christian Pöpperl, der Vorstandsvorsitzende der Schoellerbank Mag. Franz Witt-Dörring, Mag. Dr. Thomas Herdin vom „Verein zur Verzögerung der Zeit“ und  „Slow Brewing“-Gründer Dr. August Gresser diesmal zum Thema „Luxusgut Zeit. Zeit ist Geld – Erfolgsfaktor oder Trugschluss?“.

Pressebild3: „Wildshuter Feldgespräche“ zum Thema „Luxusgut Zeit. Zeit ist Geld – Erfolgsfaktor oder Trugschluss?“.

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